Izabela Plucinska ist momentan eine der bekanntesten deutschen Animationsfilmerinnen im Kurzfilmbereich. Interessant ist dies vor allem, weil sie ja aus Polen stammt. Dort wurde sie 1974 in Koszalin geboren. Seit fast 10 Jahren lebt und arbeitet sie nun in Berlin und ist mit Knetanimationen sehr erfolgreich. Ihre Karriere begann mit ihrem Abschlussfilm JAM SESSION, der 2005 unter anderem den Silbernen Bären auf der Berlinale, den Short Tiger Award für Animation und die Silberne Taube für beste Animation bei DOK Leipzig bekam. Ihre Filme finanziert sie durch Förderungen- mal durch polnische Gelder, oft mit Fördergeld vom Medienboard Berlin-Brandenburg. Festivals und Förderer lieben Sie, denn sie ist individuell, macht richtig gute Filme und sie ist schnell. Nahezu jedes Jahr wird ein neuer Film von ihr fertig, den sie dann auf Festivals begleitet um Kraft, Geld und Ideen für den nächsten Film zu sammeln. Sie schafft es spielerisch anspruchsvolle Themen wie Tod, Verlust oder Einsamkeit in Knete zu animieren. Deshalb sind ihre Filme auch in den seltensten Fällen Kinderfilme. Gerade arbeitet sie zusammen mit Agata Rojek, Robert Kern und Christina Haupt an einem neuen Projekt, einer erotischen Komödie nach dem Theaterstück von Michele Riml „SEXY LAUNDRY“. Hierbei wird sie zum ersten Mal auch vom National Filmboard of Canada unterstützt.
Annegret Richter führte mit Izabela Plucinska ein Gespräch über ihre Arbeit.
ARR: Wie bist du zur Animation gekommen?
IP: Ich habe an der Kunstakademie Łódź Textildesign studiert. Mein Lieblingsunterricht dort war das Fach Skulpturen. Ich habe verschiedene Skulpturen gemacht, war aber nicht wirklich damit zufrieden. Ich habe schnell gemerkt, dass ich eigentlich Filme machen will. In Łódź gibt es ja auch eine Filmhochschule und die hatten einen Kinotag, an dem man Filme schauen konnte, da fand ich toll. Also habe ich mich für den Animationsstudiengang dort beworben.
ARR: Du arbeitest mit Knete, wie hast du herausgefunden, dass dies dein Material ist, mit dem du Geschichten erzählen möchtest?
IP: An der Filmhochschule hatten wir viele neue Bereiche wie Kamera und Dramaturgie, die ich kennenlernen wollte. Ich hatte richtig Lust viel zu lernen und gleichzeitig sollte mir das Filmemachen ja auch Spaß machen. Ich habe schon relativ früh angefangen mit Relief und Knetmasse zu arbeiten und gesehen, dass man schöne Effekte erzielen und damit spielen kann. In der Filmhochschule muss man jedes Jahr einen Film machen auf 35mm und die werden dann im Oktober gezeigt. Bei meinem ersten Film habe ich mit Knete gemalt. Ich studierte ja parallel an zwei Schulen, das war echt hart und ich hatte viel zu tun und nicht viel Zeit für den Film. Aber die Leute mochten ihn – sehr zu meiner Überraschung. Und ein Professor – Piotr Dumala – sagte: „Izabela, du kannst aufhören zu suchen, du hast deine Technik gefunden.“
ARR: Du wohnst und arbeitest jetzt in Berlin. Wie bist du nach Deutschland gekommen?
IP: Während meiner Zeit an der Filmhochschule hatte mir eine Freundin von den DAAD-Stipendien erzählt und ich habe eins für Deutschland bekommen. Ich war an der Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg und habe dort viele neue interessante Leute kennengelernt. Außerdem war es für mich spannend zu sehen, wie eine andere Filmhochschule funktioniert. In Łódź waren die Professoren oft sehr kritisch. Außerdem hat man dort sehr viele Bereiche kennengelernt und wurde als genereller Künstler in der Filmbranche ausgebildet. In Potsdam-Babelsberg wird größerer Wert auf die Entwicklung eines eigenen Stils gelegt und es ist mehr wie eine Werkstatt. Die Professoren waren richtig nett und haben mir wirklich geholfen. Vor allem Christina Schindler, Felix Gönnert und Volker Schlecht waren wichtig für meine Entwicklung. Aber ich habe Glück gehabt, dass ich beide Schulen kennenlernen und davon profitieren konnte. Beide Schulen sind großartig, ich war während des Studiums mit vielen Leuten befreundet, und heute habe ich dadurch ein großes Netzwerk an Menschen, die ich kenne und die mir auch bei meinen Filmen helfen, mir Feedback geben und mich unterstützen.
ARR: Arbeitest du allein?
IP: Nein, das ist unterschiedlich. Bei LIEBLING habe ich viel allein animiert, aber ich hatte eine deutsche Produzentin Christine Haupt und Robert Kern war mit dabei und wir hatten nur deutsches Geld vom Medienboard Berlin- Brandenburg und FFA. Aber oft sind wir zu zweit oder zu dritt. Agata Rojek macht immer die Hintergründe, wir kennen uns schon aus der Kunstakademie in Łódź. Ich liebe es mit anderen zusammenzuarbeiten.
ARR: Wie finanzierst du deine Filme?
IP: Ich habe meist eine Idee und überlege wie man sie dann umsetzen kann. „SEXY LAUNDRY“ zum Beispiel habe ich als Theaterstück auf der Bühne in Stettin gesehen und ich wolle das aus Knete machen. Die Regie hat Justyna Celeda gemacht. Sie ist eine gute Freundin und hilft mir bei fast jedem Projekt. Meine Firma Claytraces hat die Rechte gekauft und ich erhalte für den Film Unterstützung vom Medienboard Berlin-Brandenburg, von der FFA, von der Stadt Stettin- Vorpommern Filmfounds- Pomerania Film und vom Polnischen Filminstitut und ich habe eine polnische Produzentin Paulina Ratajczak. Außerdem haben wir durch das NFB ein ganz gutes Budget dafür. Meine Filme sind nicht so teuer, weil Knetmasse nicht viel kostet und die Kamera und das Studio habe ich ja. Aber ich fange trotzdem erst an, wenn die Finanzierung steht. Deshalb mache ich immer viele Projekte gleichzeitig und nutze die Wartezeit für Tests, Animatics und natürlich Festivalreisen.
ARR: Sind die Möglichkeiten der Finanzierung für dich ausreichend?
IP: Meine Filme sind zum Glück nicht so teuer, aber es ist trotzdem nicht so einfach. Es gibt Länder wie Frankreich, in denen Animation offensichtlich einen anderen Stellenwert hat und mit ganz anderen Summen gefördert wird als hier in Deutschland. Ich kann ja nicht klagen, das Medienboard Berlin-Brandenburg hat mich bereits vier Mal gefördert. Aber eigentlich ist das eine Nachwuchsförderung und ich weiß nicht, wie oft ich da noch Anträge stellen kann. Wahrscheinlich wissen sie nicht was sie mit Frau Plucinska machen sollen.
Deutschland scheint bei Förderungen oft den Fokus zu haben, dass Sie nur am Anfang helfen und man dann auf eigenen Beinen stehen soll. Das funktioniert aber bei künstlerischer Animation nur bedingt. Ich finde die Förderanstalten könnten mehr Geld für solche Animationen bereitstellen, damit mehr Leute ihre eigenen Filme machen können. Viele Studenten machen von vornherein keine eigenen Projekte mehr nach dem Studium, weil sie glauben, dass sie es nicht schaffen werden oder begabte Leute gehen ins Ausland um dort zu arbeiten. Das muss doch aber nicht sein. Aber ich merke ja gerade selbst, dass die Bedingungen für Animatoren beim NFB of Canada z.B. viel besser sind als hier.
ARR: Wie könnten sich deiner Meinung nach die Bedingungen für die künstlerischen Animationsmenschen verbessern.
IP: Eine große Hilfe wäre es auf jeden Fall, wenn es eine Institution gäbe, die für Filmemacher die Festivaleinreichungen organisiert. Dann könnte man im besten Falle die Preisgelder bekommen und hätte Geld für weitere Filme. An den Schulen wird das organisiert, aber danach ist man auf sich gestellt und das ist wirklich viel Arbeit. In Polen gibt es z.B. die Krakow Film Foundation, die Festivals beliefert und mit Organisatoren spricht. So etwas Zentrales sollte es in Deutschland auch geben. Die AG Kurzfilm und German Films promoten zwar die Filme, aber die Einreichungen übernehmen sie leider nicht. Ich würde mir wünschen, dass es eine Institution gäbe, die zumindest die Liste der FFA mit den wichtigsten Festivals für Referenzpunkte beliefert.