Leipzig 30.5.2016

Stellungnahme der AG Animationsfilm e.V. zu den geplanten Änderungen im Urhebervertragsrecht

THE ROAD TO HELL IS PAVED WITH GOOD INTENTIONS

Am 27. April 2016 diskutierten im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart Freelancer und Produzenten der Trickfilmbranche über die möglichen Auswirkungen der Änderungen im Urhebervertragsrecht, die aktuell im Bundestag sowohl in der Filmbranche als auch in der gesamten Kreativwirtschaft debattiert werden.

Die Veranstaltung zum Nachhören

Da die AG Animationsfilm unter einem Verbandsdach sowohl Freelancer, wie beispielsweise Animatoren, Storyboarder oder Designer auf der einen Seite und Produzenten (die nach dem Gesetz als Verwerter gelten) auf der anderen Seite beherbergt, lag es nahe, innerhalb der Branche eine praxisnahe Diskussion mit den Betroffenen führen. Dabei bestritt in der doch hitzigen Diskussion keine Seite, dass eine Verbesserung der Situation zwingend wünschenswert wäre. Die Diskussion entfachte sich insbesondere an der Zweckmäßigkeit und Zielrichtung einiger gesetzlicher Änderungen, denn es wurde deutlich, dass die Gesetzesänderungen eher Autoren oder Verlagen gerecht werden, den komplexen urheberrechtlichen Konstrukten der Filmbranche aber nicht.

Beispielhaft herausgegriffen seien hier zwei Punkte:

  1. Das Rückrufrecht für Urheber und daraus nicht abzusichernde Rechtsunsicherheiten für Produzenten bzw. Co-Produzenten. Hier fordern wir, dass Animationsfilme in die Reihe der Ausnahmen aufgenommen werden (wie z.B. Software). Eine animierte Figur refinanziert ihre Herstellungskosten oft erst nach Jahrzehnten. Die Chance zur Refinanzierung der Produktion sollte den Produzenten nicht genommen werden – auch im Sinn der gesamten Branche.
  2. Die angestrebte Neuregelung des Auskunftsrechts für Urheber. Während der Referenten-Entwurf des Bundesjustizministeriums vorsah, Verwerter zu jährlicher Rechenschaft zu verpflichten, steht im aktuellen Regierungs-Entwurf, dass der Urheber einmal jährlich Auskunft verlangen kann. Das soll gegenüber dem „Vertragspartner“ (also dem Produzenten gegenüber) gelten statt, wie im Referenten-Entwurf noch formuliert, gegenüber dem „Werknutzer“ (bspw. dem Sender gegenüber). Diese Auskunftspflicht wird durch Beschränkungen gelockert. Eine übersichtliche, praktikable und zweckmäßige Regelung steht dennoch aus, da eben jene Beschränkungen noch mehr Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Beurteilung der jeweiligen urheberrechtlichen Beiträge am Gesamtwerk hervorrufen.

Eine Auskunftspflicht ist nur dann sinn- und wirkungsvoll, wenn die gesamte Wertschöpfungskette vom Drehbuchautor bis zum Vertrieb verpflichtend eingebunden wird. Dies würde den Kreativen als auch den Produzenten beispielsweise erleichtern, eigene Ansprüche gegenüber den Verwertungsgesellschaften geltend zu machen.

Zur Realisierung der gesetzlich angedachten Auskunftspflicht schlägt die AG Animationsfilm dem Bundesjustizministerium vor, im Rahmen der weiteren Arbeit an der gesetzlichen Neuregelung zum Urhebervertragsrecht, die Einrichtung einer zentralen Erfassungsstelle zu normieren, an die sämtliche Verwerter alle Auswertungen von Filmwerken jeglicher Art melden, ähnlich wie die Erfassung der Sendeinformation durch die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung oder die Erfassung der Kinotickets durch die FFA. Diese zentrale Stelle könnte tatsächlich bei einer dieser Institutionen angesiedelt werden. Hier wäre es möglich, sich an bestehenden Modellen in anderen europäischen Ländern wie z.B. Frankreich zu orientieren.

Dieser Schritt könnte eine erhebliche Erleichterung im Umgang mit der Auskunftspflicht für alle Beteiligten bedeuten und darüber hinaus die gewünschte Transparenz erbringen.

Außerdem ist der Gesetzesentwurf im Hinblick auf die digitale und globale Verwertung zu überarbeiten bzw. zu ergänzen, da diese Aspekte momentan überhaupt nicht berücksichtigt werden.

Wir freuen uns auf den Dialog!

Ralf Kukula

Vorsitzender der AG Animationsfilm e.V.

Nachtrag:

Die AG Animationsfilm-Debatte der Produzenten und Kreativen in Stuttgart am 27.April 2016 zum Nachhören als Podcast unter:

https://soundcloud.com/user-539663054/ag-animationsfilm-2016-fight-for-your-right-podcast