Moritz Mayerhofer ist ein junger und erfolgreicher Animator und Filmemacher aus Deutschland der an der Filmakademie in Ludwigsburg studiert hat. Sein preisgekrönter Diplomfilm „Urs“ schaffte es unter die zehn Filme, die für den Oscar /Academy Award in Frage kamen. Die folgende Koproduktion „Father“, bei der er einer von fünf Geschichtenerzählern war, wurde für den Deutschen Filmpreis nominiert. Vor einigen Monaten gründete er mit Nikolai Neumetzler, Assen Semov und Daniel Wichterich das StudioNICE in Berlin.

 

Biographie Moritz Mayerhofer:

Geboren 1981 in München. Aufgewachsen in Kairo und dem Bayerischen Wald.
1995-2001 Erste filmische Arbeiten in der Video und Computer AG
2003-2009 Filmakademie Baden-Württemberg
2006 Austausch an der Animationsschule Le Gobelins in Paris
Seit 2012 Regisseur/Produzent bei StudioNICE in Berlin

 

Filmografie Moritz Mayerhofer:

2014: „Bub“ (AT) – Kurzfilm Preproduktion
2012: AMEN! – Kurzfilm
2012: Father – Kurzfilm
2009: Urs – Kurzfilm
1996-2006: Kurzfilme animiert und szenisch

 

Wie kam es dazu, dass du Animationsfilme machst?

Ich habe schon immer gerne gezeichnet und habe mich für das Fantastische interessiert. Zuerst war ich von der Maskenbildnerei begeistert, habe dann aber das Interesse verloren, als man mir sagte, dass man eine zweijährige Ausbildung zum Frisör machen müsse.

Als „Jurassic Park“ in die Kinos kam, war ich vollends begeistert und wollte das Gleiche machen. Als ich 1994 meinen ersten Computer bekommen habe, bin ich in die Video und Computer AG meines damaligen Gymnasiums eingetreten und hatte so die Chance, gefilmte und computergenerierte Bilder zusammenzustellen. Erst während meiner Zeit an der Filmakademie habe ich mich von VFX zum Animationsfilm begeben.

 

Schreibst du deine eigenen Drehbücher?

Ich entwickle und schreibe die Drehbücher für meine Filme meistens selbst. Für kurze Projekte arbeite ich verstärkt visuell und schreibe eher ein Exposé anstatt ein richtiges Drehbuch. Bei längeren Formaten suche ich mir aber gezielt Autoren, mit denen ich zusammen arbeite.

 

Könnte man sagen, dass du ein Autorenfilmemacher bist?

Wenn man als Filmemacher die ersten Schritte macht, führt fast kein Weg daran vorbei, erst mal alle Positionen selbst einzunehmen. Jedoch bin ich sehr interessiert an der Zusammenarbeit mit Autoren und anderen Kreativen. Das Filmemachen ist keine One-Man-Show und jeder profitiert, wenn alle an einem Strang ziehen.

 

Was ist dir an deinen Filmen wichtig?

Ich will Geschichten erzählen, die mir wichtig sind und in denen ich auch gesellschaftliche Themen ansprechen kann. Gleichzeitig will ich diese Geschichten unterhaltsam und in schönen Bildern erzählen. Mir war in meinen Filmen schon immer wichtig, den Zuschauer durch eine starke Atmosphäre in eine andere Welt zu entführen. Der Animationsfilm bietet mir die Möglichkeit, jedes gestaltete Element zum Storytelling zu nutzen.

 

In welchen Techniken arbeitest du gerne?

Ich bin ein großer Freund von Mischtechniken. Nichts liegt mir ferner als eine dogmatische Zusage zu einer bestimmten Technik. Die Geschichte bestimmt zunächst die stilistische Basis des Films. Daraufhin suche ich einen effizienten Weg den Film umzusetzen. Dabei ist mir Glaubwürdigkeit und gestalterische Freiheit wichtiger als Photorealismus.

 

Ist es für dich ein Spagat zwischen der Aufgabe eines Producers und den kreativen Prozessen eines Geschichtenerzählers, der weniger an Abrechnung und Geldbeschaffung denken mag?

Es ist durchaus eine Herausforderung, produzierende Aufgaben zu erledigen, obwohl man sich eigentlich kreativen Aufgaben widmen möchte. Es erweitert jedoch den Horizont, einen Einblick in andere Aufgabengebiete zu bekommen. Wir haben noch keinen festen Producer, werden uns aber in naher Zukunft verstärken.

 

Was hat dich motiviert, mit drei Kollegen/Freunden das „Studio Nice“ zu gründen?

Wir haben als Freelancer angefangen und Jobs entweder zu Hause oder extern umgesetzt. Da wir aber eigene Ideen entwickeln und zusammen ein größeres Netzwerk besitzen, können wir als Studio besser auftreten als alleine. An einem gemeinsamen Arbeitsplatz können wir besser mit unseren Ideen Pingpong spielen und Aufgaben zwischen uns aufteilen. Gemeinsam können wir mehr erreichen als alleine.

 

Verfolgst du/ihr ein festes Ziel mit der Firma, z.B. einen Langfilm zu machen?

Wir sind als Studio zwar vielseitig aufgestellt, stellen aber die Weichen dafür, Langfilme zu produzieren. Wir entwickeln momentan mehrere Stoffe und arbeiten fest daran die Projekte so aufzustellen, dass uns Förderungen, Sender und Investoren genug Glauben schenken, um uns die Finanzierung zu ermöglichen. Wir wissen, dass dies eine riesige Herausforderung ist. Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass unsere Geschichten großes Potential haben.

 

Woher kennst du deine Studio-Kollegen?

Wir kennen uns über Jobs aber auch über einen gemeinsamen Freundeskreis. Zwei Kollegen sind schon seit ihrer Jugend befreundet.

 

Warum hast du Berlin als dein Lebensmittelpunkt gewählt, nachdem du in Ludwigsburg fertig warst?

Nach etwa 7 Jahren in Ludwigsburg und einer sehr intensiven Arbeit an meinem Diplomfilm brauchte ich einen Luftwechsel. Dass es ausgerechnet Berlin geworden ist, hätte ich selbst nicht gedacht. Ein schönes Projekt in Berlin und gute Bedingungen für weitere Projekte haben mich dann überzeugt hier zu bleiben.

 

Baden Württemberg gilt für Animationsfilmer als ein Schlaraffenland. Siehst du das auch so?

Die MFG hat ein großes Engagement was die Förderung von Animationsprojekten und digitalen Content angeht. Es ist sicherlich kein Schlaraffenland, da es auch dort große Konkurrenz gibt. Jedoch kann ich nur den Hut ziehen vor so viel Begeisterung für Animation. Ohne die MFG sähe die deutsche Animationslandschaft ganz anders aus. Es wäre schön, wenn andere Förderungen etwas von dieser Begeisterung teilen könnten. Der deutsche Animationsfilm ist noch lange nicht dort, wo er sein könnte.

 

Ist die Erfolgsquote bei der Neubeschaffung von Fördermitteln für dich höher, mit den erfolgreichen Kurzfilmen im Hintergrund (abgesehen von Referenzfördermitteln)?

Jeder Film, jedes neue Projekt ist ein Neustart. Die vergangenen Erfolge sind sicherlich nicht zum Nachteil, geholfen haben sie bisher jedoch nicht sonderlich. Ausschlaggebend für die Förderung ist die Qualität des eingereichten Projekts. Und das ist auch gut so. Da aber einige Projekte zunächst noch etwas abstrakt anmuten und sich erst im Laufe der Produktion voll entfalten, würde ich mir gerne etwas mehr Vertrauen wünschen. Die Absagen der Fördereinrichtungen türmen sich bei mir genauso wie bei jedem anderen. Man darf sich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen lassen.

 

Realisierst du Aufträge aus der freien Wirtschaft?

Aufträge aus der freien Wirtschaft sind für uns bei StudioNICE genauso wichtig wie für andere Firmen. Egal, ob Character-Design und Animation oder die komplette Gestaltung von Image- und Werbefilmen, wir versuchen stets, das Beste aus den Mitteln zu machen und uns als zuverlässige Firma zu etablieren.

 

Wie ist für dich die Lage bezüglich Auftragsproduktionen in Deutschland?

Ich habe den Eindruck, dass es sehr viele Aufträge gibt. Immer mehr Firmen entscheiden sich für Animation und computergenerierte Bilder für Werbezwecke, Maskottchen o.ä. Problematisch ist leider immer noch, dass der Anspruch zwar sehr hoch ist, die Bereitschaft dafür, angemessen zu zahlen, jedoch nicht. Es besteht leider immer noch der Eindruck, dass der Computer alles macht und alles viel zu teuer ist.

 

Kommen Anfragen aus dem Ausland?

Gelegentlich erhalten wir Anfragen aus dem Ausland, die meisten Jobs bearbeiten wir aber für Auftraggeber in Deutschland.

 

Du warst mit Ebele Okoye in Nigeria um einen Workshop in Animation zu geben. Welche Erfahrungen hast du dort gemacht, die wichtig für dich sind?

Es war eine großartige Chance für mich, nicht nur einen Einblick in die Animationsindustrie in Nigeria zu erhalten, sondern auch einen ganz kleinen Blick in die Gesellschaft zu werfen. In der kurzen Zeit war ich sehr beeindruckt, wie motiviert, wach und entschlossen die Workshop-Teilnehmer waren. Mit Animation hat man es wirklich nicht einfach in Nigeria. Der Markt ist überschwemmt von billigst produzierten Filmen. Wenn in 5 Tagen ein Langfilm produziert werden kann und ein Publikum findet, dann bleibt kein Raum für zeitintensive und damit teure Animation. „Nollywood“ (das Nigerianische Hollywood) ist für mich eine reale Horrorvision, in der nur noch Quantität und keine Qualität mehr zählt. Animationsschaffende haben es dort sehr schwer.

 

Könntest du dir vorstellen Animation auch auf Hochschulen zu unterrichten.

Mein Kollege Nikolai Neumetzler unterrichtet gelegentlich an der HFF Konrad Wolff, dem SAE Institute und an der Bauhaus Universität in Weimar. Auch ich hatte bereits das Vergnügen, an der HSLU in Luzern sowie an der Filmakademie Baden-Württemberg zu unterrichten. Es macht mir viel Freude, meine Erfahrung zu teilen und dem einen oder anderen Studenten damit zu helfen. Ich hoffe, in Zukunft mehr unterrichten zu können.

 

Was würdest du an der Filmlandschaft für Animationen in Deutschland verändern wollen?

Es wird in Deutschland zu wenig aus den Möglichkeiten gemacht. Die Film- und Medien-Hochschulen bilden Artists auf hohem Niveau aus. Das Potential, hier in Deutschland großartige Animationsfilme zu drehen, ist gewaltig, doch es wird meiner Meinung nach nicht ausreichend genutzt. Zudem wird gerade im TV-Bereich lächerlich wenig für den eigenen Markt produziert und zu viel Programm eingekauft. Schon seit langem ist eine Quote für den Animationsfilm im Gespräch und ich kann das nur verstehen. Der Animationsfilm muss alleine aus wirtschaftlicher Sicht ernst genommen werden. Wollen wir Arbeitsplätze und langfristig gute Qualität oder will man die Rundfunk-Gebühren weiter ins Ausland überweisen?

 

Was erhoffst du dir von der AG Animationsfilm e.V.?

Ich hoffe, die AG Animationsfilm etabliert sich als Sprachrohr der gesamten deutschen Animationsindustrie. Wir brauchen eine Institution und Repräsentanten, die den Animationsfilm in Deutschland so präsentiert wie er es verdient hat: sowohl als Kunstform und als auch als Unterhaltungsmedium, das nicht nur Kinder begeistern kann, sondern auch Erwachsene.

 

Weitere Informationen zu Moritz Mayerhofer und dem Studio Nice finden sich unter: http://www.studionice.de/